C’est un véhicule qu’on ne peut plus voir dans nos rues en Allemagne aujourd’hui:
J’ai lu cet article dans « Spiegel online » aujourd’hui:
Kultiges Tretauto Jetzt gib schon Kette
Die Firma Kettler hat sich knapp vor der Pleite gerettet. Rennfahrer von einst erzählen erleichtert ihre Kettcar-Erlebnisse - vom Tretautoschmuggel nach Afrika bis zum Nacktfoto unterm Weihnachtsbaum.
Von Christoph Gunkel, Julia Merlot und Jörg Römer
[i]Was für eine Achterbahnfahrt. Dem Familienunternehmen Kettler muss es zuletzt so ergangen sein wie einst uns auf einem der Kettcars, die Kettler ab 1962 millionenfach herstellte: Es ging viel zu schnell viel zu ungebremst bergab. Erst stand die Firma aus dem westfälischen Ense zum zweiten Mal kurz vor der Insolvenz. Dann gelang die völlig überraschende vorläufige Rettung für die 720 Mitarbeiter - dank einer Zwischenfinanzierung. Hier kommen drei persönliche Erinnerungen an das Kultfahrzeug, das 1980 sogar der Duden mit einem Eintrag adelte.
Wie genau ich von der Existenz dieses wundersamen Tretautos erfuhr, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich nur, dass ich so schnell wie möglich auch auf so einem Kettcar fahren wollte. Meine Familie lebte damals, Mitte der Siebzigerjahre, in Abidjan, der größten Stadt der Elfenbeinküste in Westafrika. In unserem Vorort Marcory wohnten viele Europäer, aber auch Einheimische. Wir Kinder spielten zusammen auf den Straßen. Es gab die üblichen Tretroller oder Fahrräder.
Aber so ein pedalgetriebenes Teil mit vier Rädern und Lenkrad - das hatte wirklich niemand. Leider auch kein Laden in Abidjan, wie meine Eltern bald herausfanden. Nicht mal die geschäftstüchtigen Libanesen, die in ihren bunten Läden eigentlich alles verkauften, hatten je von einem Kettcar gehört.
Also entwarfen meine Eltern einen gewieften Plan gegen mein Dauerquengeln: Per Versandhauskatalog, der nach den Erinnerungen meiner Mutter die Quelle meines Kettcar-Wunsches war, bestellten sie das begehrte Spielgerät ins Haus eines befreundeten Kapitäns in Bremen. Der fuhr mit seinem Frachter regelmäßig die Strecke Deutschland-Westafrika und bot an, mir das Kettcar mitzubringen.
Die Zollformalitäten, die man in Abidjan damals meist nur mit einem dezenten Bündel gerollter Geldscheine lösen konnte, wollte man sich sparen. Leider ging der Plan nicht auf. Zwar schaffte es das Kettcar Wochen später tatsächlich in den Hafen von Abidjan. Doch bei der Übergabe wurde ein Zollkontrolleur misstrauisch. Er beschlagnahmte direkt vor meinen Kinderaugen mein Kettcar - und ließ es in einem Autokofferraum verschwinden.
Es sollte zwei Wochen dauern und diverse dieser dezenten Noten-Bündel benötigen, bis ich endlich überglücklich die Einfahrt unseres Hauses herunterfahren konnte. Meine Eltern erinnern sich mit leichtem Zähneknirschen, sie hätten vom bezahlten Betrag in Deutschland etwa drei Kettcars kaufen können.
Aber was tut man nicht fürs Kinderglück. Nun war ich der Star im Viertel. Alle wollten mein Tretauto mit Nummernschild vorn drauf. Über Wochen musste das silberne Fahrgestell die Belastung von etlichen Kinderkörpern gleichzeitig aushalten. Meine Eltern erinnern sich, dass ich mindestens anderthalb Jahre lang ständig mit dem Teil spielte, bevor die Begeisterung etwas abflaute.
Als wir zurück nach Europa zogen, blieb mein Kettcar in Afrika zurück. Freunde aus der Nachbarschaft freuten sich über das Spielzeug für ihre Tochter.
In Deutschland bekam ich kein neues Kettcar, ich war wohl inzwischen auch zu groß dafür. Stattdessen gab es so etwas wie das Kettcar 2.0: Meine Mutter hatte in einer alten Schmiede eine Seifenkiste entdeckt, mit Messinglenkrad und Fußbremse, groß genug sogar für Teenager. Die Fahrt konnte also weitergehen - statt eines Tretantriebs lockten nun die Hügel Ostwestfalens.
Eigentlich bin ich kein Nostalgiker. Doch das Aus für das Kettcar hätte mich getroffen. Schon der Name weckt sofort Gefühle und erzählt von einem immensen Erfolg. Kettcar steht für Tretautos wie Tempo für Taschentücher. Jahrelang dachte ich, mein Kettcar heißt so, weil es per Kette angetrieben wird - und nicht wegen der Zusammensetzung aus dem Namen Kettler und dem englischen « car ».
Es dauerte lange, bis ich dieses Ding hatte. Und das, obwohl ich doch am 24. Dezember Geburtstag habe, an einem eigentlich bescheuerten Termin, der aber wenigstens die Kaufhemmschwelle bei teureren Geschenken herabsetzte. Man konnte ja prima Geburtstag und Weihnachten mit einem Abwasch erledigen: Doppel-CD statt zwei CDs - alles erlebt.
Aus dieser Logik bekam ich Weihnachten 1977 mein Kettcar zum siebten Geburtstag. Entdeckt hatte ich es aber schon Wochen vorher. Es war miserabel versteckt im ehemaligen Kinderzimmer meines Vaters im Haus meiner Großeltern, die direkt nebenan wohnten. Als ich es sah, stockte mir der Atem: dieses glänzende, hellgrüne Gestell. Diese Schaltung mit dem einladend rotem Hebel. Und die breiten Reifen erst!
Vorsichtig setzte ich mich auf den schwarzen Hartplastiksitz, zog energisch die riesig wirkende Bremse, streichelte mit den Füßen die Pedale. Es fühlte sich alles so gut an. Und ich fühlte mich zugleich so schlecht dabei. Ich durfte hier nicht sein, in diesem Zimmer, so lange vor Weihnachten auf dem Traum meiner Träume thronend. Also nahm ich mir vor, es müsse mein Geheimnis bleiben.
Das machte diese Vorweihnachtszeit einmalig spannend. Ab und an wagte ich einen verstohlenen Blick ins Versteck. Dann, endlich, die Schmierenkomödie an Weihnachten: Oh, ein Kettcar! Boah!! Danke!!! Ich war aber immer noch so begeistert, dass mein schlechtes Schauspieltalent nicht auffiel. Erst kürzlich habe ich diese Geschichte meiner Mutter gebeichtet.
Es gibt nur ein Foto von mir auf dem Kettcar, und das ist recht peinlich. Es zeigt aber, wie verliebt ich damals in mein Auto war. Am Weihnachtsabend, als ich spätabends ins Bett sollte, hatte ich mich schon ausgezogen, bin dann aber noch einmal ohne Schlafanzug zum Kettcar unterm Weihnachtsbaum gelaufen. Und habe mich nackt draufgesetzt. Mein Vater zückte die Kamera und freute sich sicher diebisch.
In den Weihnachtstagen entpuppte sich mein Geburtsdatum wieder mal als Fluch. Für eine Kettcar-Spritztour draußen war das Dezemberwetter zu mies. Also kurvte ich um den Weihnachtsbaum, fuhr die Krippe, Joseph und Maria um, näherte mich bedenklich dem Klavier und der Treppe ins Souterrain.
Später, draußen, machte es noch mehr Spaß. Obwohl die Kette knarzte, die Plastikverschalung bald ausblich und die Schaltung oft hakte. Wir lieferten uns Wettrennen in der Nachbarschaft, sausten zum Entsetzen der Eltern steile Garagenauffahrten hinab. Wir wagten uns sogar in unseren Garten mit Hanglage, wo uns unten ein Graben voller Brennnesseln erwartete.
Am meisten Nervenkitzel aber bereitete ein wilder Ritt hinab in den Wendehammer unserer recht abschüssigen Einbahnstraße. Es gewann, wer erst im allerletzten Moment bremste, ohne gegen den Bordstein zu knallen. Natürlich klappte das nicht immer. Ein Nachahmer verlor im Wendehammer einen oder mehrere Zähne, so genau weiß ich das nicht mehr. Und ich verlor im Wendehammer Jahre später das Auto meiner Eltern, das ich einmal leichtsinnigerweise ohne Handbremse und Gang abgestellt hatte. Der grüne Citroen rauschte hinab wie ich einst mit dem grünen Kettcar. Totalschaden, als der Wagen die Mauer im Wendehammer küsste
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[i]Kürzlich ist unsere vierjährige Tochter zum ersten Mal Kettcar gefahren, als wir Freunde auf dem Land besuchten. Ich erinnerte mich sofort an früher - und plötzlich verstand ich den Schrecken, den dieses Fahrzeug bei Eltern hervorrufen kann.
Meine Tochter sauste, ohne die Lenkung zu beherrschen, eine abschüssige Straße hinunter. Würde sie erst Büsche rammen oder direkt im Graben landen? Ich rannte hinterher, verhinderte bei hohem Tempo Schlimmeres, fühlte mich mal als Retter, mal als Spielverderber.
Es dauerte nicht lange, da beherrschte sie das Höllengefährt besser. Und ich sah genau das, was mich einst begeistert hatte: diese Freude, plötzlich Rennfahrer zu sein, jederzeit und überall - nicht nur auf irgendeinem Autoscooter.
Mein Kettcar war mein Ein und Alles. Es war knallrot, mit schwarzem Sitz, und, das Allerbeste: Es hatte ein Nummernschild! Eine ovale weiße Platte mit einer Zwei drauf. Warum ausgerechnet diese Zahl, das weiß keiner. Mir war’s egal.
Es gibt Bilder, wie ich als Kind mit dem Teil über einen Sportplatz meines Heimatstädtchens kurve. Präsenter ist in meiner Erinnerung aber etwas anderes: Wie eine Wilde bretterte ich mit meinen Freunden auf dem Fahrzeug die kurze, steile Stichstraße neben unserem Haus herunter. Meine Eltern fanden das nie gut. Wahrscheinlich gibt es deshalb auch keine Fotos.
Wir nutzten das Kettcar wie einen Schlitten: schoben es die Straße hoch, rasten im Affenzahn wieder runter. Jedes Mal muss meiner Mutter fast das Herz stehen geblieben sein, wenn sie zufällig entdeckte, dass wir auf das Ende der Straße zusteuerten und nicht sehen konnten, ob sich unten an der Kreuzung ein Auto näherte. Irgendwann stellten wir dort einen Wachposten auf.
Wir hatten Glück, etwas Schlimmes passierte nie. Und am Ende machte sogar meine Mama ihren Frieden mit dem Gerät. Als ich viele Jahre später mit bestandener Führerscheinprüfung nach Hause kam, sagte sie: « Siehst du, deshalb haben wir damals das Kettcar gekauft. »
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Grand-Père